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Rumänien 2011, Teil 1 (KBS 317 Arad - Brad)

Vom 23.07.2011 bis 07.08.2011 war ich mal wieder in Rumänien unterwegs. Zunächst führte mich der Weg in die Goldgräberstadt Brad (dt. Tannenhof), um dort noch einmal Staatsbahnbetrieb zu erleben. Hiervon handelt der erste Teil meines Reiseberichts. Weiter ging es dann in die Walachei, das Ur-Rumänien südlich der Karpaten. Dort besuchte ich insbesondere den Bahnknoten Piatra-Olt (gelegen an den Strecken Nr. 201, 901 und 910) und die von Servtrans Invest gepachtete Strecke Nr. 907 Ro?iori Nord - Coste?ti (Teil II des Reiseberichts).

Auf dem Rückweg legte ich einen längeren Stopp an der parallel zur rumänischen Route 66 gelegenen spektakulären elektrifizierten Passstrecke Nr. 202 Târgu Jiu - Pietroşani - Simeria ein (Teil III). Sodann lag die mittlerweile von TFG gepachtete Nebenbahn von Caransebes nach Boutari auf meiner Reiseroute, wo ehemalige DB-Triebwagen der Reihe 624 gesichtet werden konnten. Abschließender Höhepunkt war ein erneuter Besuch des Nebenbahnidylls Oraviţa, wo diesmal ein Schwerpunkt auf dem Verkehr mit der letzten betriebsfähigen Calatori-80er nach Iam (Strecke Nr. 924) auf dem Programm stand.

Die 144 km lange Strecke von Santana (Sankt Anna) über Ineu und Gurahont nach Brad (Tannenhof) hatte ich ja bereits 2010 besucht. Diesmal stand der 55 km messende Ostabschnitt Gurahont - Brad im Mittelpunkt. Praktischerweise hat CFR Calatori dort seit Fahrplanwechsel den im LR 8/2011 beschriebenen Malaxa-Betrieb etabliert. Mehrheitlich kommen jedoch lokbespannte Züge der Reihen 60 und 65 auf die Strecke, und es scheint sich auch um eine 82er-freie Zone zu handeln. Das Zugpaar P3123/P3134 Arad - Brad - Arad wurde täglich mit 65 1357 bespannt. Auf den anderen lokbespannten Zügen kamen 60er zu Ehren.

Am Sonntag, den 24.07.2011, stand eine Mitfahrt mit dem Malaxa-Pärchen Brad - Gurahon? - Ineu (P3132) auf dem Programm. Vor der Abfahrt kam mit dem Lokführer ein nettes Gespräch zu Stande. Der Lokführer teilte leider mit, dass die Strecke bis Brad zum 01.11.2011 vollständig von Regiotrans übernommen werde. Bekanntlich hat die CFR bereits Anfang 2011 den Streckenabschnitt Santana - Ineu bis auf zwei Zugpaare dem Konkurrenten überlassen. Nun soll also mit der Staatsbahnherrlichkeit in absehbarer Zeit Schluss sein. Wer die Privatisierungsentwicklung der vergangenen Jahre verfolgt hat, wird sich nicht wundern. Leider wird mit der KBS 317 eines der letzten Refugien der Baureihen 60 und 77.900 des Depoul Arad verschwinden. Angesichts des respektablen Service-Niveaus, der moderaten Preisgestaltung (Abgesehen vom Wegfall der Rentnerprivilegien) und zumutbar dichten Fahrplanarchitektur von Regiotrans dürften die zahlreichen Reisenden auf der KBS 317 diesen Schritt wohl eher begrüßen.

Solcherlei Gedanken verflogen schnell auf der Mitfahrt im 77 0963 von Brad nach Ineu. Die Mitfahrt im Malaxa-Zweiachser ist ein Erlebnis für alle Sinne. Die Nase wird schnell vom Diesel- und Ölgeruch, gemischt mit dem Duft der Weidelandschaft, benebelt. Die Geräuschkulisse dominiert die niedrige Drehzahl des Dieselmotors, verbunden mit den langen Schaltvorgängen der wenigen Gänge, die beim Schaltvorgang immer ein Absterben des Motors vermuten lassen. Landestypisch lautstark geführte Diskussionen von Reisenden und das sonore Hupen an den zahlreichen ungesicherten Bahnübergangen komplettieren das akustische Lokalbahnerlebnis.

Durch die wenigen zu öffnenden Fenster dringt frische Fahrtluft in den schon stark aufgeheizten Triebwagen. Unvergleichlich auch das taktile Erleben: den Motor hört man nicht nur, man spürt ihn auch unverfälscht auf den harten Hartplastiksitzen (früher Holzbänken), abgerundet durch die harten Schienenstöße, die die Zweiachserfederung kaum verfälscht auf die Reisenden überträgt. Die herrliche Landschaft mit ihren Hügeln, Weiden und einsamen Ortschaften erfreut schließlich das Auge. Erlaubt ist es schließlich auch, die Geschmacksnerven mit ein paar Schlucken ehrlichem rumänischen Bier zu beschäftigen. Wer nach so viel Lokalbahnromantik einen Adrenalinkick sucht, dem sei ein Ausstieg in Joia Mare empfohlen. Die dort über die Kreisch führende Fußgängerhängebrücke wird nur überqueren, wer über ein gesundes Urvertrauen verfügt.

Im Streckenabschnitt Gurahonţ - Brad sind nunmehr noch die Bahnhöfe Gurahonţ, Vîrfurile, Halmagiu, Vaţa und Brad besetzt. Der Bf. Aciuţa wurde zum Haltepunkt degradiert. Die Weichen sind bereits entfernt, die Signale ausgekreuzt bzw. senkrecht gestellt. Nur die Voranzeiger (die Signale mit den gelben Flügeln mit dem Doppelspitz) blieben unangetastet. Ob nach der Verpachtung weitere Bahnhöfe zurückgebaut werden, muss abgewartet werden.

Fotografieren wird auf der KBS 317 seitens des örtlichen Personals weiterhin nicht gerne gesehen, wobei die Gründe hierfür völlig im Dunkeln liegen. Rechtlich ist das Fotografieren erlaubt, untersagt ist lediglich das unberechtigte Betreten des Sicherheitsbereichs der Eisenbahn. In Gurahonţ sah der Eisenbahnpolizist meinem Treiben tatenlos zu, so dass jedenfalls seitens der Staatsmacht nicht mit Problemen zu rechnen sein dürfte. Unauffälliges Vorgehen ist aber aus praktischen Gründen ratsam.

Der Streckenabschnitt Brad - Gurahonţ ist stark zugewachsen. Fotostellen sind dringend vorab zu erkunden. Durch die Vorverlegung des P3130 um eine Stunde erhält dieser Malaxa geführte Zug nunmehr Frontlicht am Ausfahrsignal Halmagiu Hm!

Die Bildauswahl enthält diesmal nur lokbespannte Züge. Malaxa-Bilder von der Strecke sind im Buch Fenster zur Welt Band 5 der edition bohemica erschienen.

Bild 1:

P 3136 Brad - Gurahonţ verlässt Brad nunmehr 45 Minuten früher um 19.14 Uhr. Gleichwohl bleibt genügend Zeit, den Zug im Bf. Brad in schönem Abendlicht zu fotografieren. Am 24.07.2011 steht 60 1097 mit drei Klassen für diese Aufgabe bereit. Die Garnitur wird in den frühen Morgenstunden des Folgetages mit P 3120 nach Arad zurückkehren.

Bild 2:

Die vorverlegte Abfahrtszeit des P 3136 gestattet nunmehr auch einige Aufnahmen dieses Zuges unterwegs. Am 27.07.2011 konnte die von 60 1097 geführte Leistung im mittlerweile aufgelassenen Bahnhof Baia de Criş festgehalten werden.

Bild 3:

Die bereits/noch im Bezirk Hunedoara (HD) gelegene Gemeinde Ocişor nennt eine Holzkirche ihr Eigen, die wohl aus dem 15 Jahrhundert stammt (jedenfalls stand dort bereits im 15. Jahrhundert eine Kirche, so genau habe ich den Text nicht verstanden). Im Laufe der Zeit kam auch noch eine steinerne Schwesterkirche dazu. Von der gemeindlichen Viehweide aus (unkomplizierter Zugang am Ende des Ortskerns) hat man einen herrlichen Blick auf die Ortschaft, und, für unsere Zwecke wichtiger, über die Eisenbahn mit den genannten Kirchen im Hintergrund. Am 27.07.2011 gelang diese Aufnahme des mit 60 1097 bespannten P 3129. Danke Martin (img893) für den Motivtipp.

Bild 4:

Nördlich Halmagiu Hm. befindet sich eine Viehweide, von der man morgens einen herrlichen Landschaftsblick umsetzen könnte. Am 28.07.2011 verhinderte Nebel dieses Vorhaben. So wurde der P 3123 Arad - Brad mit 65 1357 eben am Einfahrsignal verewigt.

Bild 5:

Häufig sind die besten Motive schwer erreichbar. Dies gilt auch für das Kirchenmotiv von Tälagiu. Die Ortschaft ist nur über eine ungeteerte Schlaglochpiste von Aciuţa aus erreichbar. Belohnt wurde die beschwerliche Anreise am 26.07.2011 durch ein hinreichend ausgeleuchtetes Bild der Dauererscheinung 65 1357 mit dem P 3134 Brad - Arad.

Bild 6:

Der Bahnhof Aciuţa ist wohl das erste Opfer der kommenden Verpachtung der Strecke an Regiotrans. Immerhin sind im Abschnitt noch drei Kreuzungsmöglichkeiten erhalten geblieben, was eine hinreichend flexible Fahrplangestaltung erlaubt. Dem Rückbau entkommen ist der Voranzeiger zum nördlichen Ausfahrsignal den romantisch gelegenen Bahnhofs, der am 25.07.2011 als Bildbereicherung für P 3134 mit, na klar, 65 1357, herangezogen wurde.

Bild 7:

Immer wieder gerne mitgenommen: die Ausfahrt aus dem Bf. Gurahonţ, hier am 25.07.2011 mit 65 1357, heute mit 77 0956 und 77 0966 im Schlepp (P 3132 fiel Bauarbeiten zum Opfer)

Bild 8:

Der ehemalige Bahnhof Almaş bietet einige Fotomöglichkeiten. Vormittags muss man sich leider etwas spitz aufstellen, um den P 3125 hinreichend ins Bild zu bekommen. Die Aufnahme entstand am 28.07.2011 mit 60 1145.

Bild 9:

Nichts für schwache Nerven: diese Hängebrücke über die strömungsreiche Kreisch ist der einzige Weg vom Dorf Joia Mare zum Haltepunkt.

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