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Bergbahn Oraviţa - Anina

Das Banat-Gebiet im Südwesten Rumäniens steht bei Eisenbahnfreunden häufig ganz oben auf dem Reiseplan, locken doch Münchener und Bremer Straßenbahnen in Timisoara und die noch relativ zahlreichen Oldie-Triebwagen der Reihen 77, 78.1 und der ex-DR-LVT der Reihe 79. Weniger bekannt ist, dass das Banat ganz im Süden ein bergiges Gebiet ist mit herrlichen Ausläufern der Süd- und Westkarpaten.

Nahe der serbischen Grenze, im Bezirk Caraş-Severin, befinden sich die Aniner Berge mit reichem Kohle- und bescheidenem Uranvorkommen. Das Kohlevorkommen beförderte im 19. Jahrhundert die Industrialisierung. So entstand beispielsweise im Jahre 1851 die von Eisenbahnfreunden verehrte Lokomotivfabrik Reschitza, wo viele der legendären Waldbahnlokomotiven hergestellt wurden. Auch in Anina siedelte sich 1854 Montanindustrie an.

- Geschichte -

Zum Transport der Kohle begann man 1854 mit dem Bau der ersten Eisenbahn auf rumänischem Boden, welche am 20.08.1854 fertig gestellt wurde. Sie führte mit einer Länge von 62,5 km von Oraviţa nach Baziaş an der Donau, wo die Kohle auf Schiffe verladen bzw. unmittelbar zur Feuerung der Dampfschiffe verwendet wurde (Quelle: Radu Bellu, The Coal in Romanian Railway Transportation (II), JR, [www.cfr.ro] ). Diese Strecke ist heute noch teilweise bis Iam als Nebenbahn in Betrieb. Der Fahrplan der KBS 924 ist mit drei Zugpaaren überschaubar. Das folgende Bild zeigt P9690 am 04.05.2008 auf der imposanten Brücke kurz vor Erreichen des Bahnhof Oraviţa.

Bild 1:

Das Bild zeigt P9690 am 04.05.2008 auf der imposanten Brücke kurz vor Erreichen des Bahnhof Oraviţa.

Den Informationen auf der CFR-Hompage zu Folge ( [www.cfr.ro] ) wurde der Bau der Strecken Oravita - Bazias und Oravita - Anina am 31.10.1846 in Wien genehmigt (Österreich hat danach in den Jahren 1845/1846 die Kohlevorkommen in den Aniner Bergen beschlagnahmt). Der Streckenteil Oravita - Anina sollte als Pferdebahn betrieben werden. Im Streckenabschnitt Oravita - Lisava (16 km) muss zunächst auch schon ein solcher Pferdebahnbetrieb stattgefunden haben (Quelle: Ferien in Rumänien Nr. 4/2005, Banat und Kreischgebiet, herausgegeben von der Nationalen Behörde für Tourismus, Bucuresti, 2005). Zur Streckeninbetriebnahme am 15.12.1863 wurde jedenfalls bereits die Gesamtstrecke Oravita - Anina mit Dampf befahren.

- Betrieb -

Auf Grund der engen Kurvenradien können auf der Strecke Oraviţa - Anina nur bestimmte Lokomotiven und Wagen zum Einsatz kommen. Eine Übersicht über die seit 1863 eingesetzten Fahrzeuge findet sich unter [www.dampflokomotiven.net] . Heute werden vierachsige Dieselloks eingesetzt, deren erste und vierte Achse drehbar ist. Im Betrieb gesichtet habe ich 69.0004 und 73.0001, beide im eleganten CFR-Grau. Die Dampflokomotive 50.065 soll erhalten und im Lokschuppen Oravita hinterstellt sein. Jedenfalls bis vor ein paar Jahren ist sie an ausgewählten Sommertagen als Touristenattraktion vor Planzügen zum Einsatz gekommen (Bilder siehe [www.cfrtm.ro] ).

Die engen Kurvenradien und das enge Lichtraumprofil, insbesondere des Tunnels bei Gîrlişte, verunmöglichen den Einsatz der normalen CFR-Reisezugwagen. Zum Einsatz kommen daher Reisezugwagen mit Holzbänken und Holzofenheizung, die von ca. 1900 stammen sollen. Vier Wagen sind noch vorhanden. Nachdem sie vorübergehend im CFR-hellblau lackiert waren, erhielten sie, vermutlich zum Streckenjubiläum 2003, ihre grüne Farbgebung zurück.

- Streckenführung und Fototipps -

Die Streckenführung ist eindrucksvoll und erfordert zahlreiche Kunstbauten. Die Bahn wird daher auch als „Banater Semmering“ bezeichnet. Von den 33,4 km Streckenlänge verlaufen 843 m auf insgesamt 10 Viadukten, und 2084 m in insgesamt 14 Tunneln. Entscheidender Unterschied zum echten Semmering ist aber die geringere Streckenhöchstgeschwindigkeit. Obwohl der Zug keine größeren Aufenthalte einlegt, benötigt er für die 33 km lange Strecke rund 1h55 min. Außerhalb der Kunstbauten erinnern Streckenführung- und Zustand eher an eine Waldbahn.

Zwischen Oraviţa und Bradişoru de Jos verläuft die Strecke in Sichtweite der Strecke Oraviţa - Berzovia – Timişoara (heute von Regiotrans betrieben), gewinnt jedoch auf zahlreichen Brücken deutlich mehr an Höhe. Die Brücken sind alle sehr fotogen, aber vereinzelt schon recht zugewachsen. Die Brücken lassen sich fotografisch vor allem mit den Vormittagszugpaaren umsetzen. Die Strecke lässt sich von der Straße zwar nicht einsehen, aber in einem Fußmarsch durchs Gelände in ca. 10-15 min zu Fuß erreichen. Die folgenden Bilder zeigen 73 0001, jeweils als P 9694, im genannten Streckenabschnitt, oben am 06.05.2008 und unten am 03.05.2008.

Bild 2:

Das Bild zeigt 73 0001 mit P 9694, im oben genannten Streckenabschnitt am 06.05.2008.

Bild 3:

Das Bild zeigt 73 0001 mit P 9694, im oben genannten Streckenabschnitt, am 03.05.2008.

Der Abschnitt Bradişoru de Jos bis zum Ausweichbahnhof Lişava ist fototechnisch komplett unbrauchbar, da im Wald verlaufend. Die Station Lişava ist hübsch und mit Einheitsformsignalen gesichert. Zum Fotografieren empfiehlt sich der Einsatz einer Leiter. Das Licht steht nachmittags am besten. Die Station erreicht man zu Fuß vom Bahnübergang an der Straße Oraviţa - Ciudadnoviţa (ca. 10 min zurück Richtung Oraviţa laufen). Die Straße ist mit normalen PKW befahrbar, weist aber ortsüblich viele Schlaglöcher auf.

Im kurzen Abschnitt Lişava - Ciudadnoviţa liegt ein längerer Tunnel. Fotomöglichkeiten bestehen m.E. morgens am besagten Bahnübergang und nachmittags am nahegelegenen Formeinfahrsignal (fehlt mir noch).

Unzählige Fotomöglichkeiten eröffnet der Abschnitt Ciudadnoviţa - Gîrlişte. Die Strecke ist hier in einer großen U-Schleife in das felsige Tal geschlagen. Das folgende Motiv zeigt 73.0001 am 03.05.2008 in der besagten Schleife. Leider hatte ich keine ausreichend hohe Leiter dabei. Die Fotostelle erreicht man nur zu Fuß vom Hp. Ciudadnoviţa aus.

Bild 4:

Das Motiv zeigt 73 0001 am 03.05.2008 in der besagten Schleife.

Am Talende befindet sich das zum Streckenjubiläum sanierte Viadukt Jitin, 131 m lang und 32 m hoch. Leider ist es ziemlich zugewachsen. Wer es dennoch versuchen will, kann das Viadukt zu Fuß oder mit Geländewagen auf einem Forstweg ab Ciudadnovita erreichen. Der Sonntag empfiehlt sich zum Fotografieren des Viaduktes nicht, da der typische Sonntagsausflug der Bevölkerung von Ciudadnovita darin besteht, über eine schmale Treppen den Viadukt zu erklimmen und dort ein Picknick abzuhalten.

Bild 5:

Auf der gegenüberliegenden Talseite steht das Licht nachmittags günstig. Das folgende Bild zeigt P 9696 am 03.05.2008 auf seinem Weg zu Tale. Diese Fotostelle lässt sich wie folgt erreichen: südlich von Ciudadnoviţa gibt es ein ungeteertes „Bergsträsschen“ zu einer aufgelassenen Uran(?)-mine. Vom ehemaligen Eingangstor der Uranmine einfach bergwärts durchs Gestrüpp bis zur Strecke und dann 1 bis 2 km zurück. Natürlich kann man auch vom Viadukt Jitin aus gehen. Dann muss man aber durch einen längeren Tunnel, was ohne lichtstarke Taschenlampe unmöglich ist (ich würde es auch mit Taschenlampe nicht machen). Die Mühe lohnte sich.

In dem genannten Abschnitt gibt es zahlreiche weitere Fotomotive, die es zu entdecken gilt. Unter anderem müsste auch ein Tunnelblick möglich sein.

Mein Lieblingsabschnitt der Strecke befindet sich vor und hinter der Station Gîrliste (je ca. 3 km). Außer dem Bahnhof und einem Bauernhof gibt es im näheren Umkreis keine Zivilisation, dafür viel Natur und Ruhe. Es sollen dort Adler fliegen. Auch die Viper soll heimisch sein. Ich bin weder Adlern noch Vipern begegnet, aber habe intensiv dem Rauschen des Windes gelauscht und den grandiosen Landschaftsblick genossen.

Die Station Gîrliste hat mit der namensgebenden Ortschaft nichts zu tun, die Luftlinie dürfte ca. 15 km betragen. Einen Verbindungsweg habe ich nicht ausmachen können. Die Station bietet kein Umfahrgleis, jedoch kann man vom Hauptgleis aus in eine mehrgleisige Verladeanlage zurückdrücken. Die Station ist mit russischen Lichtsignalen gesichert und besetzt.

Der Abschnitt vor Gîrlişte (Ciudadnoviţa – Gîrlişte) eignet sich für Vormittagsaufnahmen. Die Folgenden Bilder zeigen jeweils P 9695, und zwar zweimal am 07.05.2008 (mit 73 0001) und einmal am 16.08.2008 (mit 69 0004). Man beachte die Vegetationsunterschiede zwischen Mai und August!

Bild 6:

P 9695 Oraviţa - Anina, und zwar am 07.05.2008 mit 73 0001.

Bild 7:

P 9695 Oraviţa - Anina, und zwar am 07.05.2008 mit 73 0001.

Bild 8:

P 9695 Oraviţa - Anina, und zwar 16.08.2008 mit 69 0004. Die obige Fotostelle lässt sich nur über einem längeren Fußmarsch (mindestens 90 min) von der o.g. ehemaligen Uranmine bei Ciudadnovita aus erreichen.

Bild 9:

In der nämlichen Wiese lässt sich auch die Rückleistung P 9694 schön umsetzen, wie hier am 07.05.2008 mit 73 0001.

Bild 10:

In der nämlichen Wiese lässt sich auch die Rückleistung P 9694 schön umsetzen, wie hier am 07.05.2008 mit 73 0001.

Bild 11:

In der nämlichen Wiese lässt sich auch die Rückleistung P9694 schön umsetzen, wie hier am 16.08.2008 mit 69 0004.

Bild 12:

In der nämlichen Wiese lässt sich auch die Rückleistung P9694 schön umsetzen, wie hier am 16.08.2008 mit 69 0004.

Die lange Wartezeit auf das Nachmittagszugpaar kann man unter anderem damit vertreiben, an den Streckenabschnitt hinter dem Tunnel von Gîrliste (Richtung Anina) zu wechseln. Durch den Tunnel kann man nicht gehen, da dort knietief Wasser stehen soll und der Stationsbeamte in Gîrliste sicher etwas dagegen hätte. Viel einfacher geht es auch über den Hügel, hinter dem Bahnhof rechts dem Trampelpfad folgen und sich dann an die Telegrafenmasten halten. Auf Vipern achten

Das Wetter kann ziemlich schnell umschlagen, da die Aniner Berge die ersten Ausläufer der Karpaten sind und dadurch ankommende Feuchtigkeit häufig in Wolken kondensiert. Es ist aber auch möglich, dass es nachmittags rasch wieder aufklart, also nicht gleich aufgeben.

Bild 13:

Am 05.05.2008 hatte ich etwas Pech mit dem Wetter. Dafür kam der Schäfer mit seinen Wolltieren genau rechtzeitig des Weges (73.0001 mit P 9696).

Bild 14:

Im August klappte es dann an der nämlichen Stelle mit der Sonne, aber leider ohne Schafe (im mittleren Berg im Hintergrund ist eine dunkle horizontale Linie erkennbar – das ist die Strecke!).

Bild 15:

Kurz vor Anina gibt es unter anderem eine spektakuläre Tunnelausfahrt-Viaduktkombination, die mir noch fehlt. Leide steht das Licht für das derzeitige Zugangebot nicht optimal.

Bild 16:

Der Bahnhof Anina ist sehr sehenswert. Fotolicht ist frühmorgens.

Bild 17:

Bahnhof Anina.

Bild 18:

Bahnhof Anina.

- Ausblick -

Eine Mitfahrt auf der KBS 925 sollte sich kein Eisenbahnliebhaber entgehen lassen. Wenn der Schaffner Florin an Bord ist, erfährt man viel über Land und Leute, obwohl Florin nur rumänisch spricht. So richtig Zeit, sich auf die Strecke zu konzentrieren hat man dann nicht. Florin diente sein Leben lang auf der Strecke, unter anderem als Stationsvorsteher in Dobrei, und er weiß mit Händen und Füßen und internationalen Ausrücken viel über die Strecke zu erzählen... (Der Biss einer Viper soll binnen 30 min zu einem schmerzhaften Tod führen)

Seit der Explosion im Bergwerk von Anina im Jahre 2004 (?) ist dieses geschlossen und es findet kein Güterverkehr mehr statt.

Die P-Züge sind teilweise recht gut besetzt. Es sollen im P 9697 gelegentlich Touristengruppen mitfahren, die in Anina mit dem Bus abgeholt werden. Daher gibt es für diese Bahn sicherlich Zukunftsaussichten. Zu bedenken ist aber, dass die CFR die Strecke an Private vermieten wollen (wie jede andere Nebenbahn in Rumänien auch). Nach den Unwettererfahrungen der letzten Jahre muss jedem Eisenbahnfreund klar sein, dass es für so manche Nebenbahn in den Bergen ein abruptes Ende geben kann, wenn der Aufbauwille fehlt. Andererseits hat die Bergbahn Oravita – Anina schon 146 Jahre Geschichte überlebt. Wünschen wir ihr auch für die Zukunft allzeit gute Fahrt!

Mehr zur Bergbahn Oraviţa - Anina in einem Reisebericht aus 2010

Mein YouTube Video zur Bergbahn Oraviţa - Anina

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